Wenn Frauen sich verlaufen
Halt an, wo läufst du hin?
Der Himmel ist in dir.
Und suchst du ihn nicht dort,
du fehlst ihn, für und für.
Angelus Silesius
Bist du schon mal versehentlich in der Herrenumkleidekabine gelandet? – Ich schon.
Ich habe sogar das Gefühl, viele Jahre meines Lebens darin verbracht zu haben. Ich hab mich schlicht verlaufen – ohne es bemerkt zu haben.
Als ich vor einer halben Ewigkeit im Versicherungsbusiness anfing, wollte man mich nicht einstellen: „Für Frauen ist diese Arbeit viel zu schwer“. „Euch zeig ich‘s“, war mein Mantra und es ging voll auf. Gerade als Frau war ich besonders erfolgreich.
Was ich nicht wahrnahm: ich hatte mich verlaufen. Yin und Yang verwechselt.
Habe das Spiel der Männer gespielt. Das fiel auch gar nicht weiter auf, denn ich trug ja Röcke. Nur war meine Kleidung eine Uniform. Kampfkleidung, die mir Energie gab und mich schützte.
Vielleicht kennst du das Zeichen für Yin und Yang: Schwarz oder Yang seht für die männliche, und weiß für die weibliche Qualität (Yin). Und in jeder Hälfte ist wiederum ein Teil der anderen Qualität enthalten.
Als „Bohnenstange“ fühlte ich mich in der Yang-Qualität sicher. Dazu gehört Kämpfen, Siegen, Planen, Prüfen. Was nicht so dazu gehört ist Fühlen.
Ich habe immer stärkere Reize gebraucht, um mich zu spüren.
Je erfolgreicher ich war, umso weniger habe ich mich gespürt. Ich habe Gefühle weggedrückt. Vieles nicht an mich rankommen lassen. Multitasking hat mich innerlich austrocknen lassen. Kollegen bekamen burnout oder wurden depressiv. Meine Erfolgsorientierung hat mich armselig gemacht. Von Fülle keine Spur.
Seit meiner Jugend meditiere ich regelmäßig. Den ersten Kontakt dazu bekam ich im Karatetraining (Yang) Das machte mich achtsamer, führte aber auch dazu, mich sogar noch unwohler zu fühlen. Rückblickend ist mir klar, dass viele Meditationsformen sehr männlich geprägt sind und alles Körperliche vernachlässigen.
Dennoch war ich verrückt genug für Kunst und Tanz. Das hat mich mit Lebensenergie gefüllt und Aufgaben kreativ angehen lassen. Ich war anders und auf gänzlich andere Weise erfolgreich. Die Geburt meiner Kinder katapultierte mich in die weibliche Ecke. Aber nur kurz, da ich trotz Kinder weiter gearbeitet habe. Karriere – du verstehst… Die Pflege meines Vaters, der an Demenz erkrankt war, hat dann jedoch einen Erdrutsch in mir ausgelöst. Meine Pole haben sich verschoben.
Endlich einmal satt und glücklich sein.
Weibliche Themen waren mir bis dahin eher suspekt. Aber ich war neugierig und ausgetrocknet. Und vor allem ich war bereit für Veränderung. Und die kam „zufällig“ in Form eines Seminars. 3 Tage. 100 Frauen. Ein Seminar von Eva Maria Zurhorst. Satt und glücklich hieß es. Und das wollte ich auch sein. Endlich einmal satt und glücklich sein.
Das war nur der Beginn von vielen Schritten in eine völlig andere Richtung. Meinen Körper spüren. Wertschätzung ausdrücken. Freude bereiten. Sinn stiften. Zärtlichkeit empfangen. Dinge, die ich früher nicht an mich ranließ. Für die ich aber aber mehr und mehr bereit war mich zu öffnen. Seminare z.B. von Awakening Women haben mich dabei weiter unterstützt.
Vieles von dem, was mir früher so wichtig war, brauche ich nicht mehr. Ist mir nicht mehr wichtig. Ich habe Vertrauen und weiß, ich bin auf dem richtigen Weg. Einem weiblichen Weg. Wie ist das mit dir? Hast du das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein?
Weil ich sehr genau weiß, wie sich Hunger nach Leben anfühlt aber auch satt und glücklich zu sein,
fällt mir heute vieles auf, wenn ich Frauen sehe: Wie sie sich bewegen. Wie sie sich zeigen. Wie sie sich zurücknehmen. Wie sie in der Öffentlichkeit stehen und dennoch nicht gesehen werden.
Und ich sehe die Scham. Wie sie uns lähmt. Scham ist allgegenwärtig. Sitzt uns tief in den Knochen. Wird von den Medien weiter geschürt und von Generation zu Generation weitergegeben.
Scham macht uns klein. Hart uns selbst gegenüber. Traurig und dumpf.
Als ich mit dem Bloggen startete waren mir in erster Linie die Füße wichtig. Körperliche Schmerzen und was du dagegen tun kannst. Die Draufgängerin gibt sich damit nicht zufrieden. Sie will mehr. Will seelische Schmerzen schamlos anpacken. Aufräumen. Licht und Verständnis reinbringen, wo bisher Moder und Dunkelheit herrschen.
Lies auch Schämen im Sommer und Jammern für Profis.
Auf den Stöckel gebracht:
Heute weiß ich, dass der Umweg über Yang wichtig war. Verlaufen hat mich viel gelehrt und letztlich dahin gebracht, wo ich heute stehe. Heute weiß ich, dass weibliche Kraft so eine Power hat und sich so gänzlich von der männlichen unterscheidet. Wow.
Alles Liebe
Liebe Birgit, danke für diesen wundervollen Beitrag, er trifft mich direkt! Wir hatten gestern 12 Gäste, unsere Wandertruppe zum Mittagessen… sie kamen neugierig in unser Haus, sahen meine Kunst stellten Fragen… und ich stand irgendwie neben mir und konnte beobachten, wie ich gar nicht aufgriff, was mir entgegengebracht wurde… ich war eindeutig woanders unterwegs, aber wo? Ich habe auf meinem Visionboard fröhliche Tafelrunden im Garten…. und an dieser Verwirklichung hing ich. Petrus hatte ein sehr vielfältiges Wetterpotburi und ich wollte so gerne draußen essen…alles war bereit, nur mein Mann nicht… er hatte Bedenken wegen Mücken, Regen, umständlich…. wir saßen also drinnen, es regnete nicht und ich hielt meine innere Vision weiter und plötzlich nach dem Essen standen alle auf und gingen an den Tisch im Garten…wir saßen noch gut eine Stunde fröhlich unter den Bäumen… Heute Morgen dachte ich erst, ich hätte mich verlaufen… und mich und meine Kunst und mein Projekt im Stich gelassen, ja! Das habe ich, und wofür? Wo war ich denn unterwegs? Was ist mir so wichtig gewesen, dass es mich so anziehen konnte? Ich staune heute, wenn ich auf gestern zurückschaue, ich staune, wie sich meine Vision erfüllt hat still und bestimmt ist sie Wirklichkeit geworden. Und mein Mann hat gestern Abend ganz einfach nur gesagt, Du hattest das richtige Gefühl, es wäre schön gewesen draußen zu essen…. 2 starke Menschen, ein Mann, eine Frau… ich liebe ihn, ich liebe mich! Hab ich mich verlaufen? Vielleicht… aber die Schleife war we wert 🙂
Liebe Annette, wir erzählen uns selbst Geschichten und wollen an sie glauben, obwohl uns das Leben oft genug anstupst: „Schau doch – es ist doch ganz anders…“ Deine Geschichte füllte nur einen Tag, bei anderen ein halbes Leben. Wichtig erscheint mir, dass wir uns nach dem „Aufwachen“ nicht grämen, sondern liebevoll mit uns selbst sind, statt uns (und andere) zu verurteilen. Und so hat deine Geschichte ein schönes Happy End.
Liebe Birgit,
es ist immer schön, wenn Frauen einen ganz neuen Weg einschlagen und andere Frauen bei der Reise zu sich selbst untertützen!
Vor allem starke Frauen stärken Frauen!
Freue mich schon darauf von Dir zu hören.
Alles Liebe
was für ein wunderbarer Kommentar. Die Kraft ist einfach da, weil ich mir nicht mehr selbst im Wege stehe. Plötzlich fängt alles an zu Strömen. Und weißt du, was schön ist? Starke Frauen erkennen einander. Sie lächeln sich zu, machen sich Komplimente, stärken sich gegenseitig, obwohl sie sich – oberflächlich betrachtet gar nicht kennen. Ist das Leben nicht schön?
Alles Liebe
Birgit
Hallo Birigt,
danke für Deine Hinweise. Dein Blog holt mich immer mal wieder zurück und bietet eine andere Perspektive – auch wenn vieles nicht auf mich zu trifft (ich durfte noch nie hohe Schuhe tragen – Schmerzen / Blasen bei Viel- oder Falschnutzung sind normal…) Ich wünsche mir immer mal wieder mehr Lösungen anstatt Beschreibungen (die 17 Tipps waren klasse – da konnte ich mir was raus ziehen…Die Podologin weiß da auch nicht zu helfen…..). Grüße B
Vielen Dank. Tatsächlich habe ich einen Beitrag in Arbeit, der wieder Tipps enthält. Wenn er für mich „rund“ ist, veröffentliche ich ihn.
Bis dahin alles Liebe
Birgit