Ballenzehen

 

Mr. Eigentlich – alias Hallux valgus

Eigentlich wollte er gerade aus; vorwärts kommen, Raum gewinnen.
Durch ein Fehlverhalten ist er aber auf die schiefe Bahn gekommen.
Abgewichen. Ausgebremst worden. Dumm gelaufen also.

Die Sprache ist vom großen Zeh oder wie die Mediziner ihn nennen: Hallux. Valgus heißt auswärts – also nicht daheim…

Der Ballenzeh, wie er im Volksmund auch genannt wird, ist ganz offensichtlich auch ein Zivilisationsleiden und das meist verbreitete Fußleiden in der westlichen Welt. In Ländern, in denen die Menschen keine Schuhe tragen, wird er selten beobachtet. Enges Schuhwerk und auch Strümpfe drücken die Zehen mehr oder weniger stark zusammen, was die Fehlstellung der Großen Zehen begünstigt. Besonders ungünstig sind spitz zulaufende Schuhe mit hohen Absätzen: In ihnen werden die Zehen nicht nur zusammengepresst, sondern zusätzlich belastet.

Aber auch das permanente Tragen bequemer Schuhe ist nicht in jedem Fall günstig: Die Fußmuskulatur wird dann oft nicht genügend trainiert, mit der Folge, dass das Fußgewölbe immer mehr abflachen kann.

Am Anfang ist nur eine leichte Schiefstellung der großen Zehe sichtbar. Das ist das erste Stadium und hier gibt es noch keine Beschwerden.

Im zweiten Stadium beträgt die Schiefstellung bis zu 30 Grad und oft beginnt der Schleimbeutel sich zu verdicken. Das passiert durch mechanische Reizung an der breitesten Stelle: die Schuhe drücken. Bis hierhin sind konservative Maßnahmen erfolgversprechend.

Apropos breiteste Stelle:

Wenn du dir eine Karte mit den Fußreflexzonen ansiehst, entspricht die betroffene Stelle dem Übergang von Hals- zur Brustwirbelsäule. Häufig gibt es dann auch hier Begleiterscheinungen. (Interessant: eine Störung begleitet die andere…) Und noch ein Zusammenhang wird deutlich: damit entspricht das Großzehengelenk dem großen Hammer. Ein wichtiger Qi Gong-Punkt.

Ab Stadium drei mit einer Schiefstellung von bis zu 50 Grad, treten häufig Schmerzen auf. Wenn sich der arme Zeh dann aus Notwehr versteift (Hallux rigidus), kann das zu Arthrose führen. Normales Gehen wird erschwert und es kommt zu Schonhaltungen. Hier lassen sich viele wegen einer operativen Maßnahme – und davon gibt es inzwischen über 100 unterschiedliche OP-Verfahren – beraten. Lies auch meinen neuen Artikel: Hallux valgus: Operieren oder nicht.

Ganz schlimm wird es, wenn sich der „große Onkel“ so weit nach innen neigt, dass er sich über oder unter den Nachbarzehen schiebt, die sich dann ihrerseits zu Krallen- oder Hammerzehen verformen. Bitte, was müssen Füße alles erdulden? Und wie duldsam sind die Trägerinnen, denn ein Ballenzeh entwickelt sich langsam und es bedarf Jahre, in denen frau sich übergangen hat. Das letzte Stadium kommt dann sehr schnell und zappzarapp sucht der Zeh Unterschlupf beim Nachbarn.

Der Hallux valgus ist ein dickes Ding

Obwohl – er macht die Füße spitz – schuhkonform, für spitz zulaufenden Schuhe. Ein Traum für die Schuhindustrie. Zumindest solange er nicht weh tut. Lies auch Aschenputtels High Heels und die wilde Frau in dir.

Energetisch

steht der große Zeh für Leistung. Das vorwärts zu bringen, was du dir vorgenommen hast. Wenn wir uns verbiegen, Leistung nur für andere erbringen und nach fremden Spielregeln tanzen, kann sich das so widerspiegeln.

Diesen „Schuh“ musst du dir nicht länger anziehen!

Sei getröstet: Der Wechsel steht für Wandel, du hast eine zweite Chance.

Zu Beginn der Wechseljahre verändert sich alles. Dir wird ein zweiter Frühling geschenkt. Einzig: wir müssen lernen, mit diesem Geschenk umzugehen, statt nur eine Belastung darin zu sehen.

  • Dazu ist es vor allem wichtig, dass du Bewusstheit für deinen Körper entwickelst. Fang doch gleich mal damit an. Stelle dich so hin, als wolltest du etwas wichtiges verkünden. Bleib genau so stehen. Jetzt schau dir an, wie deine Füße stehen. Hüftbreit? Beide Füße parallel oder ist ein Fuß weiter vorne? Wie sind deine Füße ausgerichtet? Zeigen sie genau gerade aus oder schauen sie zur Seite? Ist dein Knie genau über dem Mittelfuß? Oder eher über der Fußinnenkante? Fühlst du deinen Beckenboden?
  • Verändere die Stellung eines Fußes minimal und spüre nach, was passiert. Beobachte, dass eine winzige Bewegung deines Knies die Belastung deines Fußes von der Innen- zur Außenkante verschiebt. Wenn du eher deine Innenkante belastest, fördert das den Hallux valgus, wie du unschwer selbst erkennen kannst.
  • Wenn du Yoga oder Gymnastik machst, achte doch mal darauf, wie du deine Füße und Zehen ausrichtest.
  • Durch dieses Spielereien, zu denen ich dich gerne ermuntern möchte, wird dir klar, dass Fußprobleme nicht nur Fußprobleme sind. Knie, Hüften, Schultern – ja sogar die Kiefergelenke spielen mit.
  • Mit SelbsterForschungen bekommst du nicht nur ein anderes Verständnis für dich und deinen Körper sondern verbesserst auch deinen Energiefluß und deine Haltung.

Wenn wir das Geschenk des zweiten Frühlings nicht nutzen, führt das nach Erkenntnissen der chinesischen Medizin (TCM) zu Erstarrung (Hallux rigidus?), Verbitterung und Versauern.

 Wer dir helfen kann:

Geh in eine Fußschule. Manche bieten u.a.Wochenendworkshops an. Lass dir Spiraldynamik angedeihen, Osteopathie oder FDM. Probiere Tapen aus. Lass dich evtl. auch wegen einer Operation beraten. Falls du bereits operiert wurdest, sind die genannte Methoden trotzdem wichtig. Denn die Ursache wird durch eine OP nicht behoben! Lass dich beraten.

Wenn dein Gelenk entzündet ist, geh zum Arzt. Kühle Fußbäder und Quarkwickel lassen die Entzündung abklingen. (Kein Eis!)

 Was du unternehmen kannst:

Fußgymnastik, Igelball, so wie du das mittlerweile aus den anderen Artikeln kennst um die Muskeln und Bänder zu kräftigen.

Speziell für deinen großen Zeh: gib ihm Halt. Richte es dir so ein, dass du gut mit deiner Hand deinen Zehen halten kannst. Mit deiner anderen Hand fixierst du dein Großzehengrundgelenk. Dann einfach halten, bis du ein leichtes Pulsieren spürst. Nach etwa einer Minute kannst du ihn sehr sachte nach vorne langziehen.  Gib ihm liebevoll die Information: da geht’s lang, mein Schatz.

Hallux valgus: Gib deinem großen Zeh liebevoll die Information: da geht’s lang, mein Schatz.

Du willst etwas für deine Füße tun, weißt aber nicht, wo du anfangen sollst? In meinem Onlinekurs Fußlust – statt Fußfrust versöhnst du dich innerhalb kürzester Zeit mit deinen Lieben dort unten am anderen Ende deines Universums.

Abschließend bewegst du ihn langsam und behutsam ein paar Mal in die eine und andere Richtung kreisend. Dein Zeh bleibt dabei passiv. Ein Klecks Massagecreme eingerieben, und regelmäßige lauwarme Fußbäder runden alles ab. Seit du als Kleinkind an deinen Zehen gelutscht hast, haben sie kaum mehr liebevolle Aufmerksamkeit bekommen. Magst du das jetzt ändern?

Die richtigen Schuhe:

Der wichtigste Tipp ist, Schuhe immer erst am späten Nachmittag zu kaufen. Denn dann sind unsere Füße größer und damit vermeidest du, dir ein weiteres Paar drückende Schuhe anzuschaffen. Pumps, die vorn spitz zulaufen, fördern die Beschwerden, vor allem, wenn sie auch noch einen hohen Absatz haben. Mir ist mittlerweile klar, warum es fast keine geschlossenen Tangoschuhe zu kaufen gibt. In Sandalen haben die Zehen Freiheit und als Tänzerin hast du ein deutlich besseres Gespür. Besorge dir schicke Tanzschuhe in speziellen Läden. Die ziehst du erst an, wenn du sie brauchst.

 Zehensocken:

Wie wichtig es ist, häufig barfuß zu gehen, habe ich schon viel beschrieben. Wenn du kalte Füße hast, nutze die zweitbeste Möglichkeit und die kommt aus Japan: Zehensocken. Ich liebe sie! Speziell auch bei schiefen Zehen, kommst du mehr ins Spüren.

Generation X

Lies auch die Artikel über Scham, denn antrainiertes schamhaftes Verhalten, wie Sitzen mit aneinander gepressten Knien, auch beim Fahrradfahren; X-Beine; sich unreflektiert einem Modediktat oder Gruppendruck zu beugen, bilden den soziokulturellen Hintergrund für Hallux valgus. Das Entstehen von Ballenzehen geht meines Erachtens einher mit klein beigeben und unterdrückter Wildheit…

Diese Tage habe ich eine Orthopädin getroffen. Sie bestätigte mir, dass Hallux valgus einhergeht mit einem schwachen Beckenboden. Ist ja klar. Wenn wir die Innenkante unserer Füße belasten, ist es schon eine Meisterleistung, gleichzeitig Spannung in unserer Mitte zu haben.

Hallux valgus: ein Symbol für unterdrückte weibliche Wildheit

Im Netz gibt es gruselige Bilder zu diesem Thema. Ich möchte, dass du dich auf diesen Seiten wohlfühlst. Deshalb bin ich für dich extra in die alte Pinakothek gegangen und habe nach schiefen Zehen gekuckt. Ich bin fündig geworden, wie du oben siehst. Nebenbei ist mir mal wieder aufgefallen, dass Füße auch in der Malerei meist vernachlässigt werden. Aber Rubens und Dürer sei Dank, gab es auch früher schon Künstler, die Füße nicht ausgeklammert haben.

Auf den Stöckel gebracht:

Unsere Füße sind am anderen Ende unseres Universums. Wenn du sie glücklich machst, freut sich dein ganzer Kosmos

Alles Liebe und Grüße an die Füße

Birgit

12 Kommentare
  1. Sabine Andersen sagte:

    Meine Mutter hat einen Hallux valgus und denkt über eine minimalinvasive OP nach. Gut zu wissen, dass eine Op zwar die Fehlstellung beheben kann, man aber auch danach weiterhin Übungen machen sollte. Ich werde meiner Mutter vorschlagen, dass wir gemeinsam in eine Fußschule gehen, denn auch ich habe einen leichten Hallux valgus, der mir aber bisher keine Schmerzen bereitet.

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  2. Karin sagte:

    Hallo,
    Habe nach TCM und Hallux gesucht und bin auf deine Seite gekommen.
    Den Zusammenhang zu C7 ist mir bekannt und nachvollziehbar.
    Nur wo steht der Zusammenhang zum Beckenboden?
    Da finde ich keinen.

    Die Übung mit dem Gymnastikkegel wäre auch hier interessant und nicht nur in Köln .

    Danke

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  3. Sonja sagte:

    Liebe Birgit,

    grundsätzlich finde ich den Ansatz gut und werde ich jedenfalls versuchen. Nur frage ich mich, was wenn die Beschwerden erst anfingen, als ich eigentlich meine Richtung wusste und Spaß am Leben hatte. Ich habe bei einem Lauf teilgenommen, der zwar anstrengend aber für meinen Geist enorm befreiend war. Danach hat der Hallux richtig zu pochen begonnen und nicht zwingend aufgehört, erst als ich ein anderes Problem hatte.. meine Wehwehchen wechseln quasi von einem Fokus zum Nächsten, was allerdings irrsinnig nervt. Tipps?
    Danke und lG, Sonja

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    • Birgit sagte:

      Liebe Sonja, dazu kann ich dir nur sagen, dass auch bei mir sich die Probleme erst zugespitzt haben, als ich zum Tango gefunden hatte. Aber ich durfte dadurch erfahren, dass noch viel mehr auf mich wartete. Auch der Tango – und dies in einer ganz anderen Dimension. Ich habe für mich herausgefunden, dass Schmerzen – so lästig sie sein mögen – auch Wegweiser sind. Und wenn wir einen Wegweiser nicht als solchen erkennen, also quasi auf der Leitung stehen, ein neuer Wegweiser erscheint. Man nennt dies Symptomverschiebung. Was ich auch lerne durfte: mich in Geduld zu üben. Das fiel mir sehr schwer, mittlerweile habe ich Geduld aber schätzen gelernt als urweibliche Fähigkeit, die wir aber im geschäftigen Treiben des Alltags aus den Augen verlieren. Alles Liebe – Birgit

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  4. Anita Mack sagte:

    Hallo Birgit,
    war schon kurz davor meinen Hallux beseitigen zu lassen, als der dritte, der befragten Orthopäden (ein Hallux-operateur) meinte, daß es nicht sooo nötig sei. Das ist jetzt 7 Jahre her, der Hallux sieht noch genauso aus, aber er schmerzt nicht mehr so oft. Dein Beitrag hat mir wieder mal die Augen geöffnet, für die Zusammenhänge im Körper und im Leben. Danke dafür. Und für erneute Motivation, sich der braven Füße liebevoll zu widmen.

    Antworten
    • Birgit sagte:

      Liebe Anita,
      auch von Medizinern höre ich die Empfehlung: Operieren nur, wenn es wirklich nötig ist. Wichtig ist, sich wirklich gut zu informieren, Zweitmeinungen einzuholen, sich selbst zu befragen und eine bewusste Entscheidung zu treffen.
      Ich will hier noch mal klarstellen: ich rate niemandem zu oder ab, hinsichtlich so einer Entscheidung.
      Gesundheitliche Probleme sind Weckrufe. Hui, gerade kommt mir das Bild von der Schlummertaste. Wir unterdrücken die Weckrufe, bis es manchmal fast zu spät ist. Dann sind wir unter Druck und haben keinen klaren Kopf für Entscheidungen.

      Liebe Grüße – auch an deine Füße
      Birgit

      Antworten
  5. Kirsten Reimer sagte:

    Hallo Birgit, meine Mum hat Hallux. Die tollen Tips gebe ich weiter und für mich, die mit Druckstellen zu tun hat, nehme ich auch welche mit. Deine Art zu schreiben und zu erklären, finde ich ganz wunderbar. Ich werde hier öfter reinschauen. Danke für deine Zeit und Mühe! Herzliche Grüsse zu dir von deiner Powerheldin Kirsten

    Antworten
    • Birgit sagte:

      Liebe Kirsten,
      das freut mich. Druck-Stellen sollte frau nicht ignorieren. Druck macht nur Spaß, wenn wir freudvoll dagegen stemmen können. Auf Dauer ist das aber lästig und irgendwann geht uns die Puste aus. Wir geben auf, lassen und erdrücken, von der Arbeit, von zu engen Schuhen, von Partnerschaften, in denen wir keine Bewegungsfreiheit haben. Kirstin, du bist mir ein großes Vorbild mit deiner Arbeit und du hast mich schon öfter inspiriert.
      Alles Liebe
      Birgit

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  6. Claudia Heipertz sagte:

    Liebe Birgit,

    diese Beschreibung erklärt vieles. Wenn ich das mal mit Anfang zwanzig schon gewusst hätte. Da haben sich meine beiden großen Onkels nämlich zur Seite orientiert. Unterdrückte weibliche Wildheit und fehlende Richtung. Das passt. Ich hatte lange keine Ahnung, wohin die Reise gehen soll. Meine Füße haben es mir offensichtlich versucht zu zeigen. Aber sie haben sich nach der Operation eines besseren besonnen und die Zehen sind gerade geblieben. Danke, für die Übersetzung 🙂

    Ich stelle mich von Zeit zu Zeit auf einen Gymnastikkegel – eine Übung aus der Atemtherapie. Das wirkt wahre Wunder. Der Fuß wird gedehnt und der Körper aufgerichtet. Danach fühle ich mich wunderbar geerdet und habe eine ruhige, tiefe Atmung.

    Alles Liebe
    Claudia

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    • Birgit sagte:

      Liebe Claudia,
      dafür bist du heute wild und weiblich und gehst deinen Weg als Wahrnehmungsguide 🙂 Das finde ich toll. Fußangeln und Stolpersteine sind nicht immer nur im Außen. Auch unser Körper selbst „hindert“ uns oft an etwas und „stört“ uns… Irgendwann sitzen wir dann da, reiben uns die Augen und staunen, wie blind wir bisher unseren Weg gegangen sind. Und dennoch sind wir bis hier her gekommen. Das nächste Wegstück aber gehen wir dann bewusster.
      Das mit dem Gymnastikkegel will ich bei Gelegenheit noch genauer wissen.
      Liebe Grüße
      Birgit

      Antworten

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